Wintersemester 2016/17
Universität Hamburg
Fragment und Rekonstruktion.
Zur Wahrnehmung des Unvollendeten
Vorlesung (eine Veranstaltung der Arbeisstelle für wissenschaftliche Weiterbildung)
Donnerstags 14.15 – 15.45, Hörsaal ESA B
Termine: 10. November 2016, 17. November 2016,
1. Dezember, 8. Dezember, 15. Dezember 2016,
12. Januar, 19. Januar, 26. Januar 2017
Kompositionen, die der Nachwelt als Fragment hinterlassen wurden, sind ein Nährboden für Mystifikationen, gezielte biographische Manipulationen und falsche Überlieferungen. Gleichzeitig zieht sich der Wunsch nach einer Rekonstruktion dieser unvollendeten musikalischen Hinterlassenschaften wie ein roter Faden durch die Musikgeschichte. Die Gründe hierfür sind vielfältiger Art: Bei Mozarts „Requiem“ war es die Fertigstellung eines bestellten Auftragewerkes und bei Bachs „Kunst der Fuge“ resultierte eine gewagte kompositorische Herausforderung, derer sich Komponisten und Interpreten stellten, neben unterschiedlichen kontrapunktischen Lösungen auch zu einer freien Nachschöpfung. Das Interesse an der klanglichen Realisierung musikalischer Ideen gab uns Einblicke in Schuberts zahlreiche unvollendete Symphonien und durch die Versuche einer kompletten Vervollständigung etablierten sich mit Mahlers 10. Symphonie sowie Puccinis „Turandot“ zwei in Konzertsaal und Oper heimische Werke. Darüberhinaus existieren Rekonstruktionsversuche, die aufgrund des lückenhaften Skizzenmaterials im Spekulativen verbleiben, wie dies bei Beethovens 10. Symphonie oder dem Finale von Bruckners 9. Symphonie der Fall ist.
Anhand unterschiedlicher musikalischer Resultate wird ein Einblick in die Vorgehensweise der „fremden Hände“ gegeben, werden die den Werken anhaftenden Mythen hinterfragt, die historischen Geflechte beleuchtet und die ästhetische Problematik diskutiert.